Armut in Deutschland

Der gewaltige Unterschied zwischen relativer Armut und absoluter Armut

 

Wir Deutsche jammern gerne auf hohem Niveau, das ist bekannt. Was sich aber im April 2012 ein Berliner Sozialgericht erlaubt hat, sprengt jegliches Vorstellungsvermögen. Dort wurde beschieden, dass die Hartz-IV-Sätze zu niedrig seien - einem Vier-Personen-Haushalt müsse etwa 100 Euro mehr zustehen. Was die Berliner Justiz offensichtlich nicht weiß: Schon heute geht es in Deutschland Hartz-IV-Familien finanziell oft besser als einem entsprechend großen Durchschnittsverdienerhaushalt. Eine detaillierte Auflistung finden Sie hier.
Was nämlich bei vielen Vergleichen immer wieder missachtet wird ist die Tatsache, dass den Hartz-IV-Beziehern ein ganzes Arsenal an zusätzlichen Hilfen zusteht, dass sie gewissermaßen eine Vollkasko-Rundum-Absicherung genießen, während der Normalverdiener bei jeder Gelegenheit (Arzt, Medikamente, GEZ-Gebühren, Unterstützung von Familienangehörigen usw.) erneut zur Kasse gebeten wird.

 

Die relative Armut liegt in Deutschland etwa um 2.000 Prozent über der absoluten Armut!

Wie definiert man überhaupt Armut? Die Statistiker unterscheiden hier unter zwei verschiedenen Begriffen, nämlich der relativen Armut und der absoluten Armut.
Die relative Armut orientiert sich an einem mittleren Familieneinkommen, was durch den recht hohen Anteil an wohlhabenden Bürgern und Doppelverdienerhaushalten in Deutschland entsprechend üppig ausfällt. Wem weniger als 60 Prozent des imaginären Referenzeinkommens zur Verfügung steht, gilt als arm!

Maßgebend für die Berechnung ist nicht der bundesdeutsche Einkommens-Durchschnittswert einer bestimmten Haushaltsgröße sondern der Median. Beispiel: Einmal angenommen, es gibt in Deutschland vier Millionen 4-Personen-Haushalte. Würde man von diesen Haushalten eine Einkommensrangliste aufstellen, entspräche der zweimillionste Rang genau dem Median (also dem maßgeblichen Mittelwert).

Wenn also 50,1 Prozent der 4-Personen-Haushalte auf Grund dessen, dass beide Elternteile arbeiten, sie viele Überstunden machen oder besserbezahlte Führungsaufgaben übernommen haben über ein Nettojahreseinkommen von 50.000 Euro verfügen (einschließlich Kindergeld, Zinserträge usw.), gelten alle 4-Personen-Haushalte mit weniger als 30.000 Euro Nettojahreseinkommen als arm.

Durch diese statistischen Kunstgriffe kann die relative Armut eigentlich nie besiegt werden, auch bei höchstem Wohlstand nicht. Nach dieser albernen Formel würden in Monaco womöglich selbst Großverdiener als arm gelten (und Sozialhilfen beantragen können).

 

Sind Hartz-IV-Familien wirklich arm?

Das Vertrackte an der relativen Armut ist, dass bei dem stumpfsinnigen Neidvergleich die vielen sozialen Hartz-IV-Sonderhilfen nicht oder kaum mitberechnet werden (Miete, Heizung, TV-Gebühr, Kleiderkammern, Suppenküchen, Tafeln, Schulbedarf, Nachhilfen, Medikamente, Prozesskostenhilfe usw. usw.). Das summiert sich, auch wenn nicht einjeder sämtliche Hilfen ausnutzen kann.

Ebenso wenig gewürdigt wird, dass das Durchschnittseinkommen ständig durch Sonderausgaben geschmälert wird: hohe Zuzahlungen im Gesundheitsbereich, Sippenhaftung (man muss für nahe Verwandte aufkommen), Gebühren hier und Gebühren dort (selbst ein Pass kostet). Ebenfalls muss der Durchschnittsverdiener laufend in seine Fortbildung investieren, sich gegen Risiken absichern, gefährliche und teure Arbeitswege zurücklegen (ist oft auf ein Auto angewiesen), auf ein gepflegtes Äußeres achten (mehr Geld für Kleidung ausgeben), für anfallende Beerdigungen ansparen usw. usw. Ich kann hier nur nochmals empfehlen, sich den bereits oben erwähnten exemplarischen Einkommensvergleich anzuschauen.

 

Absolute Armut: 1 Euro pro Tag!

Unter die absolute Armut fallen alle Menschen, die weniger als ein Euro pro Tag zur Verfügung haben. Fast die halbe Weltbevölkerung fällt trotz Globalisierung und Entwicklungshilfen in diese bedauernswerte Kategorie.

Es ist zynisch und unverantwortlich, diese Hungerleider mit unserer relativen Wohlstandsarmut zu vergleichen. Selbst ein Hartz-IV-unterstütztes Kind in Deutschland bekommt etwa das Zwanzigfache von dem, was den absoluten Armutskindern anderenorts geboten wird.

Ist es nicht auch abgehoben oder dekadent, bei in Deutschland lebenden Hartz-IV-Familien von Armut zu sprechen, wo es ihr doch um ein Vielfaches besser geht als einer arbeitenden Durchschnittsfamilie im Nachbarland Polen? Sind wir Herrenmenschen, die ganz andere Maßstäbe anlegen dürfen?

 

Der Begriff der relativen Armut ist irreführend und gehört abgeschafft!

Mit dem Begriff der relativen Armut wird Schindluder getrieben. Eine Hartz-IV-Familie ist nicht wirklich arm, selbst wenn sie tatsächlich mal weniger hätte als eine echte Durchschnittsfamilie. Ein menschenwürdiges Leben ist gewiss auch mit den heutigen Hartz-IV-Sätzen möglich, auch wenn manche Sozialrichter es anders sehen (die dürfen halt nicht von ihrem hohen Gehalt ausgehen).

Ich selbst habe als junger Mann einige Jahre von einem Bruchteil des heutigen Hartz-IV-Satzes gelebt - keiner solle also sagen, ich könne da überhaupt nicht mitreden. Fühlte ich mich deshalb damals schlecht und minderwertig? Nein, ganz gewiss nicht? Luxus und Protz ist wirklich nicht alles, man kann auch sehr gut (und vielleicht noch besser) in Demut und Bescheidenheit leben. Ich jedenfalls könnte es auch heute noch und denke sogar manchmal mit etwas Wehmut an die gute alte Zeit der sorglosen Besitzlosigkeit zurück.

 

Abschaffung der Vollkasko-Mentalität - Einführung von Pauschalbeträgen!

Jeder (oder zumindest fast jeder) Arbeitnehmer muss mit dem Auskommen, was er verdient. Geht das Auto oder die Waschmaschine kaputt, ist es sein Problem. Erhöht der Hausherr die Miete oder kürzt der Chef wieder einmal das Gehalt, muss er sich andererseits einschränken.

Was für alle Arbeitnehmer (und Rentner) selbstverständlich ist, gilt jedoch nicht für die Hartzer. Denn der verfügt über Rechte und Ansprüche, die der Staat gefälligst erfüllen muss. Warum aber ist das so, warum diese Ungleichheit? Auch Hartz-IV-Empfänger müssten doch mit einem Festbetrag auskommen können, der dann alle Eventualitäten einschließt. Nur so wären Sozialhilfen und Arbeitseinkommen miteinander vergleichbar.

Aber genau das will man (der Staat) anscheinend nicht! Die entlarvende Transparenz würde vielen unterbezahlten Arbeitnehmern die Sinnlosigkeit ihres Tuns drastisch vor Augen führen. Wer arbeitet schon gerne, wenn er dafür unterm Strich weniger erhält als jeder Hartz-IV-Bezieher. Mit dieser Offenheit geriete unser ganzer Sozialstaat ins Wanken. Also muss alles bleiben wie es ist!?

 

Die Justiz nimmt keine Rücksicht auf die Finanzierbarkeit!

Selbst unser oberstes Verfassungsgericht achtet nur auf die Einhaltung des Grundgesetzes. Ob ein Gesetz überhaupt finanzierbar ist, braucht die Verfassungsrichter nicht zu kümmern. Diese Prämisse halte ich für fatal, denn sie vertraut voll und ganz der Unfehlbarkeit unserer Verfassungsväter. Was aber, wenn unser Grundgesetz insgesamt widersprüchlich und unerfüllbar ist, weil sich die Verhältnisse seit 1948 total verändert haben?

 

Nicht die Hartz-IV-Sätze sondern viele Löhne sind zu niedrig!

Das Problem in Deutschland ist meines Erachtens nicht die angeblich mangelhafte Hartz-IV-Unterstützung - die vielen schlechtbezahlten unsicheren Jobs und die millionenfach fehlenden Arbeitsplätze sind das Problem.

Der globale Dumpingwettbewerb, ausgelöst durch den Verzicht auf wirkungsvolle Importzölle, beschert vielen Menschen ein unwürdiges Schattendasein am Rande der Gesellschaft.
Anstatt dauernd über die Höhe von Sozialhilfen zu diskutieren, sollten unsere Politiker lieber den globalen Dumpingwettbewerb eindämmen über eine
Wiederbelebung der Zollgrenzen, höhere Mehrwertsteuern oder einem Einfuhrverbot von unfair produzierten Waren aus dem Ausland.

Gerade ein für Wohlstandsflüchtlinge offener Sozialstaat kann es sich auf Dauer nicht leisten, Erwerbslose dank Vollkasko-Absicherung besser zu stellen als Erwerbstätige.

 

 

 

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© Manfred J. Müller aus Flensburg im April 2012

 

 


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